Methode

DIE IMAGINATIVE TAGTRAUMTECHNIK

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Sprechen wir zunächst von NACHTTRÄUMEN, die wir alle gut kennen und von den TRAUMFUNKTIONEN.

Die neuere Neurobiologie vertritt die Hypothese, dass der sogenannte Paradoxe Schlaf, also der Zustand des Tiefschlafes, in dem der Körper tief entspannt aber der Geist hellwach ist, der Reprogrammierung der Gehirnzellen nach dem ursprünglichen Schema im genetischen Code dienen. Dies sei insbesondere bei den Nesthockern erforderlich, die unreif geboren werden. Während des Paradoxen Schlafes vollzieht sich gewissermaßen ein Dialog mit der ursprünglichen genetischen Programmierung des Träumers, der sich nicht nach der Vergangenheit ausrichtet, sondern in die Zukunft weist.
Wenn in den Tiefschlafphasen, die wir mehrfach im Nachtschlaf durchleben, die biologische Organisation der Gehirnzellen regeneriert wird, übernimmt der Traum dieselbe Funktion für die mentalen Aktivitäten. Die Person in ihrer Singularität wieder herzustellen, ist dann entsprechend seine psychologische Funktion; er ist der Wächter der psychischen Individualität.

Wir können zwischen folgenden Traumarten unterscheiden:

  • Die Träume während der Einschlafphase sind mehr oder weniger physisch, das bedeutet sie inszenieren die Wünsche des Träumers. Sie weisen auf aktuelle Spannungen hin, zurückgehaltene Affekte können auftauchen. Sie wühlen auf und  sind dem Träumer meist unmittelbar zugänglich.
  • Der Alptraum ist ein Signal an den Träumer und auch an seine Umgebung. Damit wird eine unerträglich gewordene Spannung abgebaut. Dieser nächtliche Schrecken zeigt auf, was wichtig ist und vielleicht nicht gesehen werden will; er ist zukunftsgerichtet.
  • Was die Alten oneiros (gr.) nannten, weil für sie die Bilder dem Träumer von dritter Seite übermittelt wurden, kann man als Wahrträume bezeichnen. Sie erscheinen während den Tiefschlafphasen und sind Überbringer von Botschaften, die wahrgenommen werden möchten. Der Traum löst einen Prozess in der Nacht aus, der sich am Tag fortsetzt; er ist interaktiv.

„Ein Traum, der nicht interpretiert wird, ist wie ein Brief, der nicht gelesen wurde“,

steht im Babylonischen Talmud.

Es geschieht ein Dialog zwischen dem inneren und äußeren Selbst. Da vollzieht sich ein wichtiger Prozess der Selbst-Erkenntnis. Von hier kommen die Impulse, die dem Träumer die Aufgaben in diesem Leben wiederverdeutlichen und sie mit ihm verbinden. Sie können auf Lektionen hinweisen, die gerade gelernt werden wollen. Die Traumbotschaften erscheinen in archetypischern Mustern und Bildern aus dem Fundus des kollektiven Gedächtnisses, oder anders ausgedrückt, aus dem Unterbewussten des Träumers. Raum und Zeit spielen hier keine Rolle. Bildhafte Darstellungen sind menschheits- und individualgeschichtlich betrachtet, typische Zwischenstufen auf dem Weg vom Unbewussten zum Bewussten, wie wir auch aus prähistorischen Felszeichnungen wissen. Die darin enthaltenen mythologischen Muster, Archetypen und Symbole zeigen Urmuster, die uns auch heute noch berühren.

Felsbilder.Schwimmer oder Trance.Westägypten

Felsbilder (Westägypten) “Schwimmer” oder Trance?

Diese Fragmente setzen sich für den Träumer individuell zusammen in einer nur für ihn spezifischen Logik. Ein Traum ist also strikt persönlich, denn es gibt keine typischen Träume.

Wir können die Träume beeinflussen:
Es gibt die sogenannten luziden Träume, d.h. die bewusst erlebten und somit beeinflussbaren. Träume können mit einer bewussten Fragestellung vor dem Einschlafen induziert werden. Ein Traum kann manchmal auch erst durch einen neuen Traum verstanden werden. Er kann nochmals geträumt oder einfach fortgesetzt werden. In vielen Kulturen hat der Traum die Funktion der Wahrsagung sowohl für den Träumer, als auch für seine Umgebung. Dann wird eine höhere Intelligenz befragt mit Hilfe von Zahlensystemen, Gegenständen, die nach dem Zufallssystem geworfen werden etc.

Kommen wir nun zur IMAGINATIVEN TAGTRAUMTECHNIK
Wir alle kennen Zustände von Tagträumen. Wir sitzen z.B. an einem Thema, schreiben an einem Text und plötzlich gleitet unsere Aufmerksamkeit ab. Oder wir sind in einem Gespräch, schweifen ab und sagen: „Ich war gerade woanders“.  Wir schweifen ab, unsere Aufmerksamkeit zieht sich zurück, innere Bilder tun sich auf. Die Entdeckung des „Benzolringes“ ist dafür ein bekanntes Beispiel:

Friedrich August Kekulé suchte nach der Anordnung der sechs Kohlenstoff- und sechs  Wasserstoff-Atome des Benzol-Moleküls. Als er einmal über seiner Arbeit einnickte, träumte er von einer Schlange, die sich selbst in den Schwanz beißt – ein uraltes Alchemisten-Symbol. Und das war die Antwort: Die Atome bilden eine Ringstruktur, ein Sechseck.

Was wir nächtlichen und unbewussten Vorgängen überlassen, können wir auch bewusst gestalten. Gelegentlich wird diese Methode auch in psychotherapeutischen Prozessen angewandt. Wir können mit einer Frage und mit einer bildlichen Vorstellung davon nach innen gehen, die Gedanken loslassen und die dann auftauchenden Impulse bewusst wahrnehmen. Der Körper ist tief entspannt, sitzend oder liegend; im Geist gehen wir den inneren Impulsen nach, den inneren Bildern und Geschichten. Der kurze Moment ohne Gedanken erlaubt uns zu sein, wer wir immer schon waren.

Im Grunde geht es um eine alte Technik, wovon es Zeugnisse schon in der Antike gab. Im antiken Griechenland suchten Kranke das Heiligtum eines Heilgottes auf, z.B. einen Tempel von Asklepios, um im Schlaf Heilung zu erfahren oder Mittel und Wege, um die Gesundheit wieder zu erlangen. Dieser sogenannte Heilschlaf wird entsprechend auch mit Inkubation bezeichnet. Auch die Darstellung der schlafenden Göttin auf Malta zeugt von dieser Tradition. Dieser Heilschlaf wurde in der Regel von Priestern mit Ritualen begleitet. Den Kranken wurden heilsame Bilder mit in den Schlaf gegeben.

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Schlummernde Priesterin (Malta)
Im alten Ägypten, schon im 4. Jahrhundert v. Chr., gab es die Tradition des Tempelschlafes, wie Keilschrift- und Papyrustexte belegen.